Angst ist für jedes Lebewesen eine sehr wichtige Emotion, übt sie doch eine Warnfunktion aus, die das Individuum zum Handeln veranlassen soll, um möglichen Schaden zu verhindern. Hätten die Urmenschen keine Angst vor den Säbelzahntigern gehabt, so hätte sich die Spezies Mensch wohl nicht durchsetzen können.
Und in gewisser Weise ist Angst auch ein angenehmes Gefühl. Wir fahren auf dem Jahrmarkt mit der Achterbahn oder sehen uns einen spannenden Thriller an, bei dem wir mit der verfolgten Schönheit mit bangen, weil diese gemäßigte Form der Angst uns einen Kick versetzt und wir das Adrenalinhoch genießen.
Verschiedene Angststörungen
Allerdings kann die Angst auch ein Eigenleben entwickeln und sich zu stark ausbreiten. Sie tritt dann in unangemessener Stärke bei eigentlich harmlosen Auslösern auf, wie bei den verschiedenen Arten von Phobien – die Arachnophobie (Angst vor Spinnen), die Höhen- oder Flugangst und die Soziale Phobie sind bekannte Beispiele für Phobien. Besonders die Soziale Phobie scheint in den Zeiten der anonymen Internetkommunikation immer stärker verbreitet aufzutreten.
Weitere Formen der Angststörung – neben den Phobien – sind die Zwangsneurosen, bei denen die Gedanken zwanghaft um bestimmte eingebildete Gefahren kreisen. Eine andere Form stellen die Panikattacken dar, bei denen der betroffene Mensch Angstattacken erleidet, die ihm lebensbedrohlich erscheinen, ohne dass ein erkennbarer Auslöser vorliegen muss. Recht verbreitet ist die Generalisierte Angststörung, bei der die betroffenen Patienten chronisch über einen längeren Zeitraum diffuse Ängste verspüren.
Zu den Angststörungen zählt man zudem noch die Posttraumatische Belastungsstörung, die sich nach einem traumatisierenden Erlebnis entwickeln kann, sowie die überzogene Trennungsangst, die sich sowohl auf Personen als auch auf Orte beziehen kann – krank vor Heimweh ist hier das Stichwort.
Soziale Phobie
Wohl jeder Mensch hat schon einmal Lampenfieber empfunden. Selbst professionellen Schauspielern fällt es nicht immer leicht, ruhig und souverän vor ihr Publikum zu treten, aber sie haben meistens gute Strategien, um mit ihrem Lampenfieber umzugehen.
Eine Soziale Phobie ist sozusagen die Extremform von Lampenfieber. Der betroffene Mensch empfindet grundsätzlich große Angst in der Gesellschaft von Menschen, weil er befürchtet, dass er sich nicht angemessen verhalten kann und sich dann blamiert und von den anderen Menschen verurteilt, verspottet oder nicht für voll genommen wird. Vor jeder Begegnung kreisen unablässig Horrorvorstellungen in seinem Kopf, was alles schief laufen wird, und so neigt er mehr und mehr dazu, direkte Begegnungen mit Menschen zu vermeiden.
Ursachen einer Sozialen Phobie
Wie bei fast allen Störungen liegt meistens nicht nur eine einzige Ursache vor, sondern es kommen mehrere zum tragen.
Familiäre Faktoren
Wenn in der Familie schon Mitglieder mit einer Sozialphobie existieren, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Kinder eine solche Störung entwickeln. Dies kann zum Teil an genetischen Faktoren liegen, zum Teil aber auch an mangelnden Bindungserfahrungen mit den erkrankten Mitgliedern und dem Lernen am (falschen) Modell.
Traumatisierende soziale Erfahrungen
Sehr viele Betroffene berichten, dass sie einmal eine oder mehrere extrem negative Erfahrungen im sozialen Kontext gemacht haben, die dazu führten, dass sie diese sozialen Ängste entwickelten. Das kann die Ausgrenzung in der Schule aufgrund einer persönlichen Besonderheit wie das Stottern oder eine extreme Brille sein, aber auch eine öffentliche Blamage bei einer Veranstaltung.
Kulturelle Einflüsse
Wenn ein Kind in einem Umfeld aufwächst, in dem die Meinung anderer über es sehr wichtig genommen wird, und es zudem zur Scham aufgefordert wird, wenn es in den Augen der Eltern den Erwartungen nicht entspricht, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es eine Soziale Angststörung entwickeln wird.
Negative Denkmuster und geringes Selbstwertgefühl
Wer von sich selbst nicht sehr überzeugt ist und zudem in negativen Mustern denkt, die immer das Schlechteste für das Wahrscheinlichste halten, kann sich daraus ziemlich schnell eine Sozialphobie entwickeln.
Symptome einer Sozialen Phobie
Die Soziale Phobie wirkt sich auf verschiedene Bereiche der menschlichen Psyche aus. Im kognitiven Bereich entwickeln die betroffenen Menschen negative Denkmuster über sich selbst und ihre Akzeptanz beziehungsweise ihr Ansehen bei anderen. Sie sind fixiert darauf, dass alle anderen bestimmt schlecht von ihnen denken, und dass sie nicht in der Lage sind, einen positiven Eindruck auf andere zu machen. Das wirkt sich negativ auf die Konzentration aus, es treten Blackouts auf sowie Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden.
Im Bereich des Verhaltens äußert sich die Soziale Phobie darin, dass die Betroffenen verzweifelt versuchen, jeden Kontakt mit anderen Menschen zu vermeiden. Sie gehen nicht auf Partys, haben keine Verabredungen, selbst ein Restaurantbesuch wird vermieden. Das Internet bietet ihnen zudem eine perfekte Fluchtmöglichkeit, weil sie sich dort hinter einem attraktiven Avatar verstecken können – und ihre Übung im Umgang mit anderen Menschen wird noch mehr reduziert. Werden sie mit Menschen konfrontiert, kann es passieren, dass sie sich der Begegnung durch Flucht entziehen. Es kann auch gut sein, dass sie exzessiv lügen, um den anderen auch nicht den kleinsten Makel eingestehen zu müssen.
Treffen sie doch mit Menschen zusammen, so entwickeln sie zudem körperliche Symptome. Heftiges Erröten, Schweißausbrüche, Stottern, Schwindel im Verbund mit einem Blackout und Zittern können auftreten, auch Atembeschwerden, Herzrasen, Magenschmerzen, Übelkeit bis hin zu einer echten Panikattacke können auftreten.
Therapiemöglichkeiten bei einer Sozialen Phobie
Als besonders effektiv in der Behandlung einer Sozialphobie hat sich die Kognitive Verhaltenstherapie erwiesen. Der Therapeut arbeitet auf der kognitiven Ebene mit seinem Klienten und unterstützt ihn dabei, seine negativen Denkmuster zu überprüfen und abzubauen, um so ein realistischeres Bild gewinnen zu können und ein stabileres Selbstbewusstsein aufzubauen. Dabei sind die Lebenskarten ein sehr nützliches Werkzeug, da sie speziell in diesen Bereichen – positive Affirmationen, Selbstberuhigung und Aufbau des Selbstbewusstseins – wirksam sind.
Parallel dazu arbeitet der Therapeut mit seinem Klienten daran, das Verhalten zu verändern und bessere soziale Fähigkeiten zu entwickeln. Dabei wird der Klient mit immer schwieriger werdenden sozialen Situationen und Aufgaben konfrontiert und befindet sich so in einer konstanten Lern-und Erfolgsschleife.